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Peter Handke <br>
In einer dunklen Nacht <br>
ging ich aus meinem stillen Haus.<br>
Roman.<br>
Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1997.<br>
ca. 320 S., geb.; DM 48.-. ISBN 3-518-40880-1. <br>
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Ein Mann, der Apotheker aus Taxham, erzaehlt einem anderen Mann, dem Aufschreiber, seine Geschichte, und wuesste man nicht gleich, von wem sie stammt, man brauchte nicht erst lang zu ueberlegen. Unverkennbar ist die Handschrift Peter Handkes, unverkennbar jene Bilder von einer Welt, in der Quersteppeinradfahrer oder ein Hausierer - kein geringerer als jener aus Peter Handkes gleichnamigem Roman - urploetzlich in der Steppe auftauchen, wohin sich jener Apotheker und Leser von Ritterromanen aufgemacht hat, um seine Abenteuer zu bestehen. <br>
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Alles beginnt mit einem Schlag auf den Kopf, der den Apotheker auf seinem abendlichen Weg in sein Stammlokal trifft und ihn zum Verstummen bringt. <br>
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Ungeachtet seines Sprachverlusts macht er beim Abendessen die Bekanntschaft eines Ex-Schi-Champions und eines ehemaligen Erfolgsschriftstellers und bricht mit den beiden zu einer Fahrt in den Sueden auf. Ziel ist ein Fest, wo der Apotheker - nunmehr zum Fahrer geworden - auch seinen verstossenen Sohn wiedersieht. <br>
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Quasi als Dea ex machina tritt jene Frau auf, bei der die Reisenden in der ersten Nacht ihrer Fahrt Unterkunft gefunden haben. Sie fuehrt den Apotheker aus der Steppe und damit auch aus seiner Geschichte heraus. <br>
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Nun findet er auch seine Sprache wieder und kann seine Geschichte dem Aufschreiber diktieren. Er wird damit zum Erzaehler und Leser. Als solcher bleibt er auch zurueck, denn endlich kann er seine Lektuere von Ivain oder der Loewenritter fortsetzen. <br>
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Seinen Ausgangspunkt indes nimmt der Roman in =Mein Jahr in der Niemandsbucht= (1994), war doch darin bereits eine Apothekergeschichte angekuendigt. Von da an treibt es Leser und Protagonisten noch weiter zurueck in die Handkesche Literaturgeschichte bis zu den Anfaengen mit dem =Hausierer= (1967). <br>
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=In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus= wird damit zu einem Streifzug durch und in das Werk des Autors, das sich immer wieder der Frage nach dem Eigentlichen des Erzaehlens stellt. <br>
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Susanne Zobl<br>
13. August 1997 <br>
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><br><br><br><br>Tagesspiegel NR. 15957 VOM 20.04.1997 SEITE 025 Kultur Fuer seinen neuen Prosaband bedient sich Peter Handke beim mittelalterlichen Abenteuerroman - und scheitert an der Balance zwischen Aktion und Symbol. Die Gnade der Pilze VON TILMAN KRAUSE Nein, so weit wie Flaubert ist Handke auch in seinen ausschweifendsten Autorphantasien nicht gegangen: Anders als den bewunderten franzoesischen Kollegen hat es ihn nie gereizt, ein Buch ueber nichts zu schreiben. Aber vom Erzaehlen hat Handke, der nicht umsonst einem seiner Buecher den Titel Die Abwesenheit gab, sehr sparsame Vorstellungen. Und dies, seit er ueber das Schreiben nachdenkt. Mein Ideal waren seit je der sanfte Nachdruck und die beguetigende Abfolge einer Erzaehlung, heisst es beispielsweise 1980 in der Lehre der Sainte-Victoire. Wer daraus schloss, das Atmosphaerische sei dem Autor wichtiger als das Stoffliche, wurde bald eines Besseren, will sagen: Spezifischeren belehrt. Nicht Geschichten aus Saetzen und Bildern faszinieren den Dichter, wie man einem seiner programmatischen Aufsaetze zur Literatur aus den neunziger Jahren entnehmen kann, sondern bewegtes Fliessen von Worten, ohne besondere Begebenheit. Der feinrhythmisierte Singsang, die einlullende Abfolge von Ding- und Empfindungsschilderungen in ihrer moeglichst genau beschriebenen materiellen Beschaffenheit, das sind die Erzaehlgegenstaende, auf die sich einstellen muss, wer einen Band mit Prosa von Handke zur Hand nimmt. Auch in seinem neuesten Buch, das, entgegen der Verlagsankuendigung, kein Roman ist, sondern ein Text mit den Zuegen eines Maerchens, wird der Liebhaber rasant erzaehlter Begebenheiten kaum auf seine Kosten kommen. Handke orientiert sich weniger an den aktionsreich funkelnden Bilderboegen der Volksmaerchen, wie wir sie etwa aus der UEberlieferung durch die Brueder Grimm kennen. Als Vorbild mag ihm vielmehr das Kunstmaerchen der deutschen Romantik vorgeschwebt haben mit seinem motivisch feinveraestelten Auskleiden der Seelengemaecher von empfindsamen Menschen, die versuchen, Ich und Welt in Einklang zu bringen. Auch Goethe wird ihn inspiriert haben, der in seinem symbolischen Maerchen den Erzaehler sagen laesst: Diesen Abend verspreche ich Ihnen ein Maerchen, durch das Sie an nichts und an alles erinnert werden sollen. Nichts und alles: also das Zusammenfallen der Gegensaetze als Metapher fuer das Umfassen, das Erfassen des Welt-Ganzen - das will hoch hinaus. Und schlaegt doch sehr schnell in Beliebigkeit um. Auch Handke hat hohe Ansprueche. Fast am Ende des magisch verraetselten Marsches, der die Handlung des Buches darstellt, erfaehrt der Leser vom Helden, der von namenlosem Begehren getriebenen wird, das Erzaehlen solle auch hier zum Aufschauen bringen, zum Eingreifen ins (...) blinde Weltgeschehen, in die Flucht der Erscheinungen, in das Gerede, (...) und vieles andere mehr. Und vieles andere mehr! Da liegt nun leider der Hase im Pfeffer. Selten war eine nachlaessige Formulierung so verraeterisch wie dieses und vieles andere mehr. Denn das angeblich blinde Weltgeschehen bleibt bei Handke unbenannt, das Gerede wird nicht gestaltet, das Eingreifen - in wessen Namen, womit? -, das beschworene Aufschauen - wozu, zu wem? - haben kein Ziel. Noch nirgends ist die programmatische Objektlosigkeit des Handkeschen Schreibens, ist die Abloesung von Erzaehlung durch die Geste des Erzaehlens, die Ersetzung von Substanz durch Fluidum so klar als Scheitern zu erkennen gewesen wie in diesem Werk mit dem schauerlich schoenen Titel In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus - ein Scheitern - Fairness gebietet, dies hervorzuheben -, das erkennbar wird anhand eines Winkes, den der Autor selber gibt. Handke benennt naemlich das erzaehlerische Modell, nach dem er sein Material organisiert; es ist das mittelalterliche Versepos mit seinen Aventiuren, seinen gefahrvollen Stationen der Lebensbewaehrung, die junge Ritter und Fahrensmaennern, wenn sie durchkommen, am Ende ihren Platz in der Gesellschaft finden lassen, eben jenen Einklang von Innen und Aussen gewaehrend, den die zerrissenen Helden in den Kunstmaerchen der Romantik spaeter meist nicht mehr herstellen koennen. Auch der Apotheker, Hauptfigur in Handkes Mittelaltermaerchen und also ein Umsorger und Helfender, der das grosse Ganze, die Welt und was sie zusammenhaelt, im Blick hat und in ihr Gutes zu tun gewillt ist, auch dieser Apotheker in seiner symbolischen Berufstaetigkeit, die einer Berufung gleichkommen soll, unternimmt eine Weltfahrt. Nur: Handke redet von Gefahren und Kaempfen, die er zu bestehen habe, aber sie ereignen sich nicht. Er verheisst Abenteuer, aber es gilt keine zu bestehen. Statt dessen heisst es matt: Was zaehlte, war, dort draussen im Nachtwind zu sein, (...) und dann weiterzusehen. Es gibt auch eine Reiseroute. Aber dann stellt sich heraus, dass die erste Station, das Haus am Wasserscheidebrunnen dem Reisenden und seinen zwei Begleitern gar keine Ent-Scheidung abverlangt. Schliesslich gelangen sie in eine Stadt namens Santa Fe, offensichtlich in Spanien, die aber in Anlage und Aussehen dem heimischen Taxham bei Salzburg auffallend aehnelt, sodass der Erzaehler fragt: Waren sie ueberhaupt von der Stadt Salzburg weggefahren?. Es kommen auch sprechende Raben vor, die Aufgaben stellen sowie eine raetselhafte schoene Frau, die die Hauptaufgabe - Aussoehnung des Apothekers mit dem von ihm verstossenen Sohn - anmahnt. Aber das bleibt unerledigt, wird sogar fuer unwesentlich erklaert, und zwischen dem Apotheker und der Fee ergibt sich die erforderliche Liebesbeziehung so beilaeufig, bleibt fuer die Geschichte so marginal, dass das Erzaehlgeruest, statt zu tragen, nur klappert. Mit anderen Worten: Handke bleibt das Gleichgewicht von handfester Aktion und einer ueber sie hinausweisenden Symbolik, die in dem von ihm zitierten Yvain des Hartmann von Aue nun einmal unaufloeslich zusammengehoeren, ja die Essenz dieser epischen Form ausmachen, schuldig - und verfehlt damit sein Erzaehlmodell. Dabei beginnt alles so verheissungsvoll. Wie Balzac und die grossen realistischen Erzaehler steigt Handke in seine Geschichte ein, zeigt das Umfeld, erst weit, dann enger kreisend, lokalisiert das Personal und schraubt sich langsam in die Ausgangssituation eines geistig-seelisch im Aufbruch begriffenen Menschen hinein. Dabei haelt der Autor - beispielsweise in den sprechenden Strassenbenennungen nach Flugpionieren oder mit der Bezeichnung des fuer den Ort Taxham zentralen Platzes als Apotheke zum Adler - eine Fuelle von Verweisen dafuer bereit, dass hier jemand ins Offene strebt. Auch spielt die handketypische Poetisierung einer haesslichen Nachkriegsgruendung wie Taxham in ihrer Lage am Kreuzungspunkt zwischen Flug-, Eisenbahn- und Autostrassenlinien auf subtile Weise mit dem Topos der Auserwaehltheit, denn Taxham wird immer wieder als Enklave und als unzugaenglich charakterisiert - unzugaenglich aber, griechisch abatos, heisst auch heilig. Auch in den urbanen Wuesteneien von heute also kann sich jemand aufschwingen zur UEberwindung seiner selbst und der Welt, wenn er das entsprechende Bewusstsein hat. Und ueber dieses Bewusstsein verfuegt der Apotheker. Seine Einsamkeit, die an ein Eremitendasein erinnert, seine Verbundenheit mit der Natur, seine innere Bereitschaft fuer ein herrliches, vielleicht auch schreckliches Ereignis, nicht zuletzt seine Hinwendung zur Literatur als Lebensmittel, wie sie Handke selbst als erklaerter Bewohner des Elfenbeinturms verkoerpert - das alles sind nuanciert und unaufdringlich gestaltete Begebenheiten, die den Helden disponieren zu jenem grossen Aufbruch in die abenteuerliche Fremde, die, esoterischem Wissen zufolge, immer auf die Begegnung des Individuums mit sich selbst hinauslaeuft. Bei diesem ersten Teil, der gelungenen Gestaltung einer Erweckungserwartung, haette es der Autor belassen sollen. Aber er wollte mehr. Er wollte auch - Achtung, Risiko - den Weg in die Erweckung und dann - oberste Alarmstufe - das Erwecktsein selbst. Und so schickt er denn seinen Helden in die Wueste, genauer: in die Steppe. Da ihm aber keine Konflikte einfallen, konfrontiert er den Apotheker mit Tieren, Pflanzen und ein paar Gestalten, die an das szenische Ballett Die Stunde, da wir nichts voneinander wussten erinnern. Auch sprachlich verkuemmernd, schlaegt Handke nun ueber quaelend lange Strecken die Botanisiertrommel, bewaehrt sich als Bewisperer von Nuessen und Graesern, wie Peter Ruehmkorf das einmal genannt hat. Auch Lavendelskelette und leere Mohnkapseln haben es ihm angetan: Ja, ich spuerte eine Art Zaertlichkeit fuer sie. Dasselbe gilt fuer ueberlange Stengel (gegen die ja weiss Gott nichts zu sagen ist), vor allem aber fuer Pilze. Das letzte gemeinsame Gespraechsthema der Menschheit, das werden die verschiedenen Pilzsorten sein, raunt sein Apotheker, sichtlich gehetzt von den Furien des Sinnenschwundes. Pilze seien das letzte, wo jeder miteinstimmen wird, selbst unter Grundfremden, aufhorchend, freundschaftlich. Aufhorchend? Nein, bei dieser Utopie von der Erleuchtung der Welt durch die Gnade der Pilze winken wir ab, ganz freundschaftlich uebrigens, denn Handkes Fragen sind auch die unseren. Aber seine Antworten zerfallen uns im Munde - wie Pilze, aber wie die, die in Hofmannsthals Chandos-Brief vorkommen und die bekanntlich modrig sind. Peter Handke: In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus. Roman. Suhrkamp Verlag. Frankfurt am Main 1997. 316 Seiten. 48 DM. PETER HANDKE Foto: Archiv/Peter Peitsch Autor: Krause, Tilman Deskriptor: Buchrezension Datenbank TSP Dokumentennummer: 049720102  <br><br>Dokument 2 von 5 <br>
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DIE ZEIT Nr. 50 vom 07.12.2000 Seite 71 Literatur Die Macht der Dauer Was bei Suhrkamp bleibt Auf die Dauer ist kein Verlaae:, schrieb Peter Handke in seinem Gedicht an die Dauer, Nicht einmal der Fromme, / der taeglich zur Messe geht, / nicht einmal der Geduldige, der Kuenstler des Wartens, / kann ihrer ein Leben lang sicher sein. / Zu wissen glaube ich, / daae sie moeglich nur wird, / wenn es gelingt, / bei meiner Sache zu bleiben. Die Dauer, die der Dichter ersehnt, ist heutzutage ein rares Gut. Das Prinzip des beschleunigten Wandels und Wechsels dringt bis in die fernsten Winkel unseres Lebens und belegt alles, was von Dauer scheint, mit dem Verdacht des Unzeitgemaeaeen, Verstaubten. Der Markt laesst keinen Stein auf dem andern, keinen Mann an seinem Platz. Geduld ist die Stieftochter der Raffgier. Jede Beschleunigung vergroeaeert das Gewicht des Bleibenden. Kuerzlich konnte man den Verleger Siegfried Unseld im Gespraech mit Guenter Gaus bewundern. Was er sagte, war nicht neu. Es bekam Bedeutung dadurch, dass er es so oft gesagt hat: Der Autor steht ueber dem Verleger, und dessen wichtigste Tugenden sind Treue und Geduld. Damit hat Unseld den Suhrkamp Verlag groae gemacht. Jetzt hat er sich von Christoph Buchwald getrennt. Buchwald war nach dem Sohn Joachim, nach Gottfried Honnefelder und Thedel von Wallmoden der vierte Mann, der den Verlag leiten und womoeglich uebernehmen sollte. Was der groaee und naive Unseld nicht zu wissen schien: Es kann, so lange der Patriarch lebt, keiner ihn ersetzen. Und wenn er nicht mehr lebt, wird es eine Siegfried Unseld-Stiftung geben, geleitet von seiner Frau Ulla Berkwicz, gesichert durch Unselds Privatvermoegen und die Gesellschafteranteile. Bis dahin wird ER es machen, zusammen mit Guenter Berg, Rainer Weiss und Hans-Joachim Simm. Die drei wissen, was sie an dem Alten haben. Alles bleibt, wie es war. Unseld, dieses Monument der Dauer, ist auch deshalb groae, weil sich der Literaturbetrieb um ihn herum immer schneller dreht. Dass einer, der mit Johnson und Koeppen, mit Brecht und Joyce befreundet war, immer noch da ist und nicht laengst schon aufgekauft wurde, das allein schon laesst ihn herausragen aus dem Strom des Kommens und Gehens in deutschen Verlagen. Ihm gelang es, bei seiner Sache zu bleiben. Aber nicht allein ihm. Denn man vergisst allzu leicht, wie viele Verlage es noch gibt, die von Verlegerpersoenlichkeiten gegruendet und geleitet werden, manchmal seit Generationen. C. H. Beck etwa (nunmehr 237 Jahre alt) oder Vittorio Klostermann oder Felix Meiner. Oder Klaus Wagenbach oder Antje Kunstmann. Sie sind Kuenstler des Wartens, bleibend bei ihrer Sache, auch wenn auf die Dauer kein Verlass ist. Autor(en): Ulrich Greiner Datenbank ZEIT Dokumentnummer: 40 <br>
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DIE ZEIT vom 14.10.1999 Seite 9 Nr. 42 LITERATURBEILAGE / Literatur Ein Schiff faehrt bergauf Peter Handke schreibt eine Wald-, Wiesen-, Groaestadt-, Kriminal-, vor allem aber Liebesgeschichte und entpuppt sich als zaertlicher Papa Gleich mit dem ersten Satz dieser Geschichte entzieht uns der Erzaehler jede Sicherheit. Peter Handke nennt sein Buch zwar Lucie im Wald mit den Dingsda, stiehlt uns die Titelheldin aber schon mit den ersten Worten, auch wenn wir sie als Lucie weiterhin kennen lernen: Lucie hieae in Wirklichkeit anders. Wer den ersten Satz dieser Geschichte genannten Erzaehlung nicht ernst nimmt, ist bald verloren. Was erzaehlt uns Handke denn da? In Wirklichkeit soll das Kind mit dem Licht-Namen sieben Jahre alt sein und braune Haare haben. In der schoeneren Wirklichkeit dieser aus dem Kopf eines Kindes getraeumten Fabel ist es zehn Jahre alt und schwarzhaarig. Ja, was nun? Anders ist das Zauberwort dieser Geschichte. Den anderen, den fremden Blick auf die Wirklichkeit hat Handke seit den ersten Buechern fuer seine Dichtung produktiv gemacht. Jetzt ueberfaellt uns das unscheinbare Wort an allen bedeutsamen Stellen der kleinen Wald-, Wiesen-, Groaestadt-, Kriminal-, vor allem aber Liebesgeschichte. Lucies Mutter, die das Haus in Ordnung haelt und in der Fantasie des Kindes zur obersten Polizei-Direktorin, ja zur Verbrechensgelehrten erblueht, traellert bei der Hausarbeit gern vor sich hin, kraeht aber immer stockfalsch. Als der Vater, natuerlich zu Unrecht, verhaftet wird (Kinder leben mit dieser Angst, wenn der Schriftsteller- oder was auch immer -Vater einem Beruf nachgeht, der auf dem Schulhof nicht mit einem Wort zu erklaeren ist) - als der Vater im Gefaengnis sitzt, hoert Lucie den Singsang mit anderen Ohren: Das leichte Falschsingen war das schoenste Singen ... Und wie schoen die Mutter war - anders schoen. AEhnliches Wunder, als Lucie den Vater aus dem Gefaengnis befreit. Sie kommt nicht mit Flammenschwert oder Himmlischen Heerscharen, sondern mit dem Schwaechsten, Verletzlichsten, was die Natur bietet - ja, mit den Dingsda, den Waldwichteln, der Waldherrlichkeit, den Waeldersattsamkeiten oder Waldbodenauswuechsen. Lieber Leser, wir sind in einem Maerchen, deshalb darf ich den Namen, den Sie laengst erraten haben, (noch) nicht nennen. Wie heiaet es im Lohengrin-Zaubermaerchen von Richard Wagner? Nie sollst du mich befragen. Wenn das Wort ausgesprochen wird, erlischt der Zauber - auch dieser Geschichte. Wenn man sich auf die andere Wirklichkeit einlaesst, auf die verwirrende Traum-Gleichzeitigkeit von Schein und Sein, wird Handkes Geschichte ein kleines Wunder hintersinnigen Erzaehlens. Hier stimmt nichts mehr - ist aber alles, um Lucie zu zitieren, goldrichtig. Jezt loesen sich scheinbar logische Probleme kinderleicht. Lucie kann von ihrem Haus am Waldrand einer Vorstadt ueber den Huegeln von Paris nicht nur auf die Hauptstadt tief unten in der Fluaeebene schauen, sondern gleich bis zum Meeresufer. Nicht nur die Grenzen des Raums verschwimmen einem in Buecher- und Traumwelten heimischen Maedchen (Las fuer ihr Leben gern Buecher), auch die Zeit geraet aus den Fugen: Unversehens steht die Mutter, gerade noch Kilometer entfernt, im Gefaengnis. Und waehrend dort, wer weiae, ein Spaetherbst- oder Fruehlingssausen zu hoeren ist, wirkte die Mutter am stummsten. Zugleich sang sie, sang und sang. Finden Sie die Wortwiederholung (sang, sang und sang) ueberfluessig? Die rituelle Dreier-Formel, die das ganze Buch gliedert, gehoert zum Maerchen (Du muaet es dreimal sagen) wie die drei Blutstropfen im Schnee, die Parzival in Not brachten. In der ungewoehnlich spielerischen Leichtigkeit, mit der ein eher als ernst eingeschaetzter Erzaehler hier seine Maskenspiele treibt, macht er sich ueber eines seiner Hausgesetze selber lustig: Manche schauten zweimal und auch noch ein drittes Mal. Dies ist das ueberraschend Frische des kleinen Prosa-Textes: Der aelter werdende Handke hat Lockerheit des Erzaehlens gewonnen. Leicht, verspielt, durchaus mit ernstem Humor, dabei zwinkernd voll (Selbst-)Ironie, inszeniert er eine doppelt, dreifach verspielte Geschichte. Eine zarte, diskret gebrochene Liebeserklaerung an die junge Tochter (von der wir wissen duerfen, dass sie  Laocadie heiaet), an die Mutter des gemeinsamen Kindes, die Schauspielerin Sophie Semin (aufgetreten im Sommer in der Urauffuehrung von Handkes Stueck Die Fahrt im Einbaum am Burgtheater). Muss man alles nicht wissen, um die nach Handkes Serbien-Kreuzzuegen und ueberhaupt in der Literatur deutscher Sprache in diesem Jahr fremd wirkende, leichte Geschichte zu verstehen. Das ist nicht bloae ein literarischer Trick, mit Maerchensplittern eine Geschichte auf eine Rutschbahn zu zwingen, in der zwischen Alltag und Traum oft kaum noch zu unterscheiden ist. Ist Lucies Vater nicht ein noch immer zitternder Fluechtling, der sich mit seinesgleichen trifft? Und gibt es die Lucie verwirrende Hoehle hinter der Hoehle nicht auch fuer ihre und alle Eltern, die sich zwischen Globalisierungs-Versprechen, Renten-Reformen und Steuer-Modellen nur noch vera...lbert vorkommen? Als Kinderbuch ist eine Parabel-Geschichte nicht abzutun, die John Lennons Beatles-Song Lucy in the Sky with Diamonds (1967) bewusst aufgreift, auch eine Zeile von Lennon als Motto aufruft. Hier erzaehlen, manchmal durchaus verwirrend, immer lustvoll den Leser anstupsend, zwei Menschen ganz verschiedener Lebensjahre und Erfahrungen. Einer der Reize des Buches. Lucie darf stoehnen ueber den Vater, der wenn er, gottlob selten, den Mund auftut, sich als vollkommen unfaehig erweist, in kurzen, einfachen, jedermann, auch einem Kind, verstaendlichen Saetzen zu sprechen. Und der Vater? Ein vom Kind als Gaertner geadelter Waldgaenger und Pilzsucher, dem sie ausweicht, wenn er sie von der Schule abholt, nimmt mit Freude wahr, dass die Tochter - gegen ihren Willen - mit dem schmuddeligen Papa nicht gesehen werden will, sich erst einmal versteckt, dann aber zu ihm eilt mit den schoensten Worten, die der Verliebte hoeren mag: Vater - ich komme! Natuerlich spielt der Erzaehler dieses locker, doch souveraen komponierten Buches auch mit der Form einer aus zwei Perspektiven anvisierten Geschichte. Der liebende Papa darf sich nicht nur die lang-langen Saetze leisten, die er, sich selber persiflierend, ankuendigt (Vorsicht, Langsatz!), sondern er darf sich auch ueber die Irrtumsbetrachtung des antiken Philosophen Pythagoras auslassen. Der ungeduldigen Tochter bleiben dagegen vom Vater liebevoll genau beobachtete Sprech-Eigenschaften wie ein genuscheltes usw., mit dem der Redefluss von Erziehungsberechtigten abgestellt wird. Und so taumelt, etwa in der Mitte, die Geschichte in ihre Erzaehl-Krise: Und wann kommt nun endlich die Geschichte? Kleinlaut sagt der vaeterliche Erzaehler: Auch das Bisherige war schon die Geschichte. Es war seine Geschichte: eine Liebeserklaerung an Kind (und Frau), wie man sie so zaertlich verschwiegen in unseren aufs Deftige versessenen Jahren selten findet. Handke, ein verliebter Vater, der auch seiner ersten Tochter, mit der Kindergeschichte vor achtzehn Jahren, einen Liebesbrief in Buch-Form geschrieben hat, begleitet den neuen Band mit elf Skizzen, zaertlichen Kritzeleien und Collagen, vom Pilzgeflecht am Anfang bis zu der Zeichnung eines im Sessel, hinter einem Buch versinkenden Kindes. Daneben der Schlusssatz dieser in sich verschlungenen, vielfach gebrochenen Erzaehlung: Und im folgenden Sommer saae Lucie auf einer Wald-Lichtung im Gras und las diese ihre Geschichte. Ein Liebesmaerchen. Da ist alles moeglich. Da ist das Dunkel klar, leuchtet die Wintermorgensonne wie die Herbstabendsonne, bluehen im Tiefschnee die schoensten Dingsda, also Pilze, und sitzen die gluecklich wieder vereinten Vater/Mutter/Tochter am schoenen Ende in einem Boot, das fuhr sowohl zu Wasser wie auch zu Land. Es fuhr sogar bergauf. Peter Handke: Lucie im Wald mit den Dingsda Eine Geschichte, mit elf Skizzen des Autors Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1999 92 S., 28,- DM Autor(en): Michaelis, Rolf Bildunterschrift: Peter Handke AV Aufnahme: Foto: Isolde Ohlbaum Datenbank ZEIT Dokumentnummer: 29223 <br>
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DIE ZEIT vom 20.02.1998 Seite 47 Nr. 09 Literatur Tote Gesellschaft, lebendige Steine Am Felsfenster morgens entdeckt Peter Handke die Urgeschichte der Woerter So sei es. Der biblische Satz war unerhoert, teilte die Gemeinde und spaltete die Kritik. Mit ihm war das Urteil gesprochen: daae nie wieder ein Urteil ergehen soll. Der Satz, mit dem eine Geschichte endet und viele Geschichten beginnen, steht in Peter Handkes Roman Langsame Heimkehr. Er ist das Echo auf einen Ausruf, den Schriftsteller einer Figur gewoehnlich nur in den Mund legen, um sie zum Narren zu halten. Zum ersten Mal sah ich soeben mein Jahrhundert im Tageslicht, offen zu den anderen Jahrhunderten, und ich war einverstanden, jetzt zu leben. Doch es war keine Figur, es war die Stimme des Meisters. Nach den Jahren der Kaspereien und des Sprachzweifels war er zum Prediger geworden und verkuendete eine Lehre, die mit dem Geist der Kritik fuer immer gebrochen hatte. Kunst ging nach Kunst, nach nichts sonst. So sei es. Nach dem Gewicht der Welt, der Geschichte des Bleistifts und den Phantasien der Wiederholung uebergibt Peter Handke den Lesern nun sein viertes Journal: Fuenfhundert Seiten Einsamkeit, Saetze und Sentenzen aus den Salzburger Jahren zwischen 1982 und 1987, dazwischen hochgemut demuetige Exerzitien, mit denen er sich auf sein Werk einstimmt, vor allem auf Die Wiederholung und den Nachmittag eines Schriftstellers. Die wunderbaren Versuche erscheinen am Himmel, und der groaee Roman Mein Jahr in der Niemandsbucht wird Ahnung und Gegenwart. Immer wieder bittet er Spinoza, Goethe, Emmanuel Bove und  Rene Char vors Weltgericht der Literatur, und siehe da, sie sprechen wie Handke. Am Felsfenster morgens blickt der Autor, zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt, auf das Stilleben des Daseins. Er sieht den Tau auf dem Fahrradsattel und die Eichhoernchenspuren auf unbeschriebenen Briefumschlaegen. Er sieht zwei Maedchen auf dem Fahrrad. Er sieht eine leere NIVEA-Dose. Er sieht das Aufspringen des Hasen vor dem Wanderer. Er sieht, wie eine Frau auf den Balkon des Neubaus tritt, der noch kein Gelaender hat. Er sieht im Abendbus ein Maedchen mit einem Oleanderstrauch, der schwankte. Es ist das Sein. Das Sein und das Leben, die Welt und die Zeit, das sind die groaeen Worte, die Handke ausbuchstabiert, waehrend sein Auge auf Menschen ruht, die ihre Freude und ihr Leid nicht einmal mehr spueren. Nur der Fremde erkennt Entfremdung er weiae noch vom Mangel des gelebten Lebens, und nur er hat sich den Sinn bewahrt fuer die Wunder im Profanen. Die Kellnerin ging in der Sturmnacht mit einem Tablett, auf dem Apfelkuchen lagen, vom Hauptgasthaus zum Nebengebaeude, wo die Kegelbahn war. Und ich dachte: das ist Leben, das Leben. Kein Leben ohne Sprache. Daae die Sprache das Auge der Erfahrung ist, dies wird in diesen Notizen und Reflexen Handkes groaee, vielleicht einzige Wahrheit, die ihn besitzt und verhext, blind macht und sehend, die ihn verfolgt wie ein geliebter Feind. Deshalb leben seine Menschen nicht in sozialen Verhaeltnissen, sondern im Gnadenstand der Schrift die Sprache ist das Haus des Seins und das Licht der Welt ohne Sprache hat auch der mit Stummheit Geschlagene keinen Blick mehr. Doch Stummheit ist die Signatur des Zeitalters, denn unter der Despotie der Medien, am Ende eines eitlen Jahrtausends, ist die Menschensprache ausgewandert in das Leben der Dinge oder das vielstimmige Schweigen der Natur: Laae mich in Ruhe, Journalist.(...) Dagegen die Nachricht des Zikadenchors. Und so beschlieaet der Autor, am Felsfenster morgens, den UEbertritt aus der Gesellschaft der Menschen in die Gemeinschaft der Blaetter und Steine. Verstummen die Menschen, dann sprechen die Steine. Wer damals beim Roman Die Wiederholung seinen Augen nicht traute wer Handkes Solidaritaet mit dem Unbelebten fuer eine ontologische Grille hielt, der hat es nun schwarz auf weiae. Der Autor beglaubigt sein Werk und liest seinem Helden, dem Weltfremdling Filip Kobal, wiederholend von den Lippen. Mir scheint, jetzt erst, vor dem drohenden Ende der Welt, sind wir so frei, die Sprache der Welt zu sprechen, der Sonne, der Blumen, der Voegel, der Luft (das ist Literatur). Eine Kehre? Mit einer Klarheit wie nirgends sonst probt Handke den Aufstand gegen seinen Sprachzweifel und entwickelt seine AEsthetik der Aufmerksamkeit. Nicht Dekonstruktion, sondern Wieder-Holung nicht Woerter, sondern Worte, nicht Ironie, sondern Neutaufe: das soll fortan der Alltag eines Schriftstellers sein, der der Zivilisationsnatur jene Namen verleiht, die sie sich selber geben wuerde. So sei es. Unter dem Blick des Dichters faellt der Regen aufwaerts Noch vor Sonnenaufgang schickt sich Handke an, die Urgeschichte der Woerter freizulegen, ihren Ursprungssinn und ihr Urvertrauen. Er taucht ein in die archaisch ungeschiedene Welt, in jenen magischen Strom, in dem Recht, Moral und Kunst noch nicht auseinandergetreten und die Subjekte noch nicht entzweit waren: Im Karst herrscht eine sozusagen politisch-aesthetisch-ethische Stille - sozusagen? Dingaesthetik und Sprachmetaphysik: Aller Jubel, alle Verwerfung, die ganze Utopie der Notizen verdanken sich dieser ebenso heiklen wie raetselhaften Verbindung. Denn waehrend die Welt mit ihren Zeitungssprechblasen ohne Schatten des Goettlichen in der gekachelten Hoehle hockt, wuchert Handkes monochrome Einsamkeit und will - in den Euphorien der Muedigkeit, mit erhabener Schwaeche - nicht entschluesseln, sondern belauschen ohne Gewalt und ohne Macht, wund und verletzbar, poroes und rezeptiv. Weltempfaenglichkeit, ruft Handke, ist die Froemmigkeit des Denkens nur wer seinlaeaet, ohne wissen zu wollen, wer den Dingen ent-spricht und sie zur Form erloest - nur der hat Aussicht, daae sich ihm das Leben zuwendet in den Geschenken der Wahrnehmung. Erst dann, wenn das Subjekt ganz Auge wird, ohne die Suende der Reflexion, gleichsam in heilender Betrachtung, erst dann ereignet sich die Versoehnung als Wortwerdung der Welt. Sie steht still im eigenen Namen, der Regen faellt aufwaerts, und aus dem Wirrwarr wird Schrift. Im Ursprung der Sprache ist Frieden die Dinge schlagen die Augen auf, und sie verwandeln den, der sie verwandelt hat. Ein Ruck - und es ist nichts gewesen, keine Entzweiung, keine Schuld, keinerlei Endgueltigkeit. Keinen Leser werden diese Aufzeichnungen unberuehrt entlassen. Es sind Etueden der Aufmerksamkeit und der Selbstversicherung, oft praetentioese, sehr ungeschuetzte Versuche, durch die Augen der Schrift vom Vergaenglichen zu retten, was zu retten ist. Die Jaehzorngesaenge und Reinigungsoratorien sind verstummt groaeartig ist Handkes Danksagung an die Dauer, die Meditation der Zeit und der Wunsch, sein Maae zu finden, sein Leben zu fuehren mit Intensitaet - und Liebe. All das noetigt zur Bewunderung, und Handke setzt alles daran, beim Leser dafuer jenes pathetische Einverstaendnis einzufordern, mit dem er selbst seinen Gegenstaenden begegnet, sie feiert und errettet. Aber Pathos verdunkelt. Denn wer spricht? Was meint Handke, wenn er romantisch die Klassik aufruft und dekretiert, Literatur wiederhole die verblaaeten Muster der Welt? Falls es bloae Chiffren sind, dann waeren die Menschen souveraene UEbersetzer und frei im Handeln. Als Kopisten duerfen sie Fehler machen, und auch die Gesellschaft waere in Freiheit dazu verurteilt, die Umschrift der Wahrheit immer aufs neue zu interpretieren. Doch wie genau nimmt Handke die Differenz von Wiederholung und Freiheit? Oder verherrlicht er am Ende doch das archetypische Sein der Sprache, das eine Lebensordnung verhaengt, der sich die Menschen in Sack und Asche ergeben muessen? Vieles deutet darauf hin, daae Handke diese Differenz - zum ersten Mal in seinem Werk - einfach kassiert. So werden die Menschen zu Weisungsempfaengern, und sie mueaeten in stolzer Subalternitaet jene Urbilder, jene Archetypen wieder-holen, die der Dichter dem Sprachvergessen der Moderne entrissen hat. Diese Urbilder des guten Lebens, und darauf kommt alles an, sind sprachlich: sie wohnen in der Muttersprache, oder wie Handke sagt: Mutter Sprache. In ihr wurde das Unvergaengliche Ereignis sie war das aufgeschlagene Buch des Guten und Gerechten, bis sie in der technischen Zivilisation verraten und ermordet wurde: Ich hatte wieder einmal meine tote, von mir getoetete? Mutter bei mir, diesmal in Form eines langen flachen Pakets, das ein Buch war. Ich wollte diese tote Mutter loswerden und suchte nachtlang nach einem Platz ... Aber auf halber Hoehe wurde mir der Weg versperrt durch eine Bahnstation, eine nagelneue, elegante... Ich stand in dem leeren, blitzsauberen Bahnhofsraum, betrachtet aus der Entfernung von ein paar Beamten. Noch konnte niemand wissen, daae das eingewickelte Buch auf meiner Schulter die tote Mutter war. Was tun? Mutter Sprache. Man ahnt, warum Handke den demagogischen Schriftsteller Thomas Bernhard haaet, warum er Kafka erst eine Sumpfbluete nennt, um ihn dann goennerhaft als ewig Heranwachsenden vor der Tuer des Geistes willkommen zu heiaeen. Kafka? Knuepft endlich woanders an. Kafka wie Bernhard haben an die regressive Utopie der Muttersprache nicht glauben wollen, nicht an Urbilder und Archetypen, nicht an Ontologie und Leiblichkeit. Das Leben der Literatur gegen die Manipulation des Wissens In der Geschichte des Bleistifts war Kafka noch Handkes unerreichter Held, heute, nach seiner Kehre, macht er ihm den Prozeae. Denn Kafka blieb ein Exilant der Sprache, der mit seinen heimatlosen Woertern vor dem Gesetz verharrte, obwohl es ihm doch offenstand. Handke aber zoegert nicht. Er tritt ein, und siehe da, das Gesetz entpuppt sich als Mutter Sprache. Das Gesetz ist die Sprache des Dichters und nicht, wie bei Kafka, Aufschub, Abwesenheit, Spur. Im Hof der Wahrheit erloest Handke, der Praesenzmetaphysiker, die Dinge zum wahren Sein. Gott war nie im Exil. Und der Engel sagte zu mir: ,Sie, diese dort, haben die Rede du aber hast, hin und wieder, das Wort.' Im Einzugsbereich der Engel ist Handkes Leben dem Leben entrueckt. Doch welche Konfusion entsteht, wenn unterm Brennglas der Poesie die weltlose Ursprungsfiktion des wahren Daseins mit dem Laerm der falschen Gesellschaft abgeglichen wird, hat sein Serbienbuch vor Augen gefuehrt. Unversehens wird dem Sanftmuetigen der Krieg zum Naturschauspiel, das verschuettete Archetypen freilegt - jene Wahrheit, die der Dichter entziffert hat und am Felsfenster morgens nicht mehr erproben muae im Widerstreit der Welt. Fuer die Imagination der Literatur ist das eine Falle und als Politik durchaus zu fuerchten. Handke bedarf weder der Menschen noch der Geschichte, denn auf ihm, dem Erwaehlten, liegt der zeitlose Blick der Sprache und sonntags der Segen des Herrn. Gepraegt bin ich nicht vom Erlebnis der Historie, sondern von der Zeit auaeerhalb der Geschichte. Die Historie hinterlaeaet in mir keine Praegung, kein ,Wasserzeichen'. Was fuer ein Satz. Daae Frieden erst dann herrscht, wenn alle Menschengeschichte stillsteht und zur zweiten Natur gefriert - wer will, kann noch in der groaeen Zustimmung einen Protest erkennen gegen die von den Wissenschaften verbiesterte Welt und die obszoene Manipulation der Natur. Im historischen Schein extremer Bilder, in radikaler Weltverneinung, tastet die Kunst nach dem Unverfuegbaren der Zivilisation und fingiert einen Ursprung, in dessen Namen sie ihr Urteil spricht. Am Ende: Kein Einverstaendnis. So sei es. Autor(en): Assheuer, Thomas Bildunterschrift: Der Dichter in der Niemandsbucht AV Aufnahme: Aufnahme: Isolde Ohlbaum Datenbank ZEIT Dokumentnummer: 15842 <br>
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DIE ZEIT vom 25.04.1997 Seite 47 Nr. 18 FEUILLETON Der Ritter der Ploetzlichkeit Eine Maerchenstunde in Santa Fe: Peter Handkes Roman In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus Es war einmal ein Mann. Der Mann hatte einen Freund. Der Freund sagt, Mann, erzaehl mir eine Geschichte! Da fing der Mann an: Es war einmal ein Mann. Der hatte einen Freund. Der Freund sagt, ,Mann, erzaehl mir eine Geschichte!`. Da fing der Mann an: . . . Soeben lasen Sie, wenngleich in ruede verkuerzter Fassung, den neuen Roman von Peter Handke. Oder sagen wir besser gleich: den neuen Abschnitt aus der unendlichen Geschichte ueber eine Geschichte, an der der Dichter seit nunmehr zwei Jahrzehnten schreibt. Kein Gesamtkunstwerk, eher ein Fahndungsbericht in Fortsetzungen, ein Gesamtsuchwerk: Langsame Heimkehr, Die Lehre der Sainte-Victoire, Der Chinese des Schmerzes, Die Wiederholung, Die Abwesenheit, die Versuche ueber die Muedigkeit, die Jukebox, den geglueckten Tag, zuletzt Mein Jahr in der Niemandsbucht - alles Stationen auf dem Kreuzweg zum absoluten Buch, Seitenfluegel, Haupt- und Nebenschiff der kuenftigen Kathedrale einer erloesten Literatur. Nichts als Vorstudien, ein einziges Prolegomenon, das am Ende wohl das Hauptwerk abgibt. Zwar voller winzkleiner Kostbarkeiten - Regentropfen im Wegstaub, Mistelbalken in den Baumkronen, Rest-Pommes-frites in Pappbechern, sirrenden Kuehltruhen im Supermarkt, wie sie keiner auaeer Peter Handke in deutscher Zunge besingen kann -, und doch poetologisch hoch- und immer wieder nach- und zugeruestet, schwer beladen mit den Lehrsaetzen und Rezepten einer AEsthetik der Versoehnung zwischen Wort und Welt. Letztlich eine lange Antwort auf eine kurze Frage: Wie erzaehlt man eine Geschichte? Zum Beispiel so: Es war einmal ein Mann. Der hat eine Apotheke. In der Apotheke traegt er seine weiaee Apothekertracht, auf der Straaee jedoch Hut, Anzug und Stecktuch. Das Haus des Apothekers liegt an der Saalach in OEsterreich. Am Morgen, nachdem der Apotheker in der Saalach geschwommen ist, stecken kleine Fluaekiesel in seiner Ohrmuschel, knirschen und klirren. Den Sohn hat der Apotheker verstoaeen, die Tochter ist in den Ferien, von der Frau lebt er getrennt, wenngleich unter einem Dach. Die Vorfahren des Apothekers stammen aus der Hohen Tatra, die Apotheke hingegen liegt in Taxham bei Salzburg. In seiner Freizeit sammelt der Apotheker Pilze, werktags ruehrt er im Hinterzimmer der Apotheke in den Toepfen und Tiegeln. Im Sommer liest der Apotheker ein mittelalterliches Ritter- und Zauberepos, abends speist er in einem Kellerlokal, halb unter der Erde, nahe beim Flughafen. Der Apotheker, sagen die Leute, sei der einzige Mann zwischen dem Untersberg und der Enge von Penedes, der so wirke, als habe er eine Geschichte zu erzaehlen. Der neue Handke-Roman hebt an, als sei's ein nachgeholter Roman ueber den literarischen Vorfahren und Landarzt Charles Bovary, den wahren Helden der geistigen Provinz und der Einfalt des Herzens. Der Mann aus Taxham hat nicht nur einen Allerweltsberuf und unauffaellige Manieren, er faehrt eine bestimmte Automarke, bevorzugt eine seltene Kaffeesorte und beschaeftigt sogar zwei Angestellte. Nie und nimmer wuerde man aus seinem Apothekermund die Schwellprosa des spaeten Handke vernehmen, nichts von den Fundamenten der Leere, dem Untergang des allerersten Reichs, kein Wort vom ausgestorbenen Koenigtum, der nie gekannten Ordnung fuer die dumme zerfahrene Jetztzeit, der Wiederkunft einer Sprache wie die vor dem Bau des Turms von Babel. Der Apotheker ist, obgleich er mit Andreas Loser, dem Helden des 1983 erschienenen Romans Der Chinese des Schmerzes, mehr als nur das einsame Leben im Salzburgischen teilt, kein Schwellenkundler und Vergil-Exeget, niemand, der den Hohlraum eines aus der Welt verschwundenen Zusammenhangs wortstark und gebildet abtastet. Er ist, anders als die lebenden Allegorien des juengsten Dramas Zuruestungen fuer die Unsterblichkeit, kein serviler Sprechautomat einer altersaengstlichen aesthetischen Ordnungssehnsucht. Der Apotheker aus Taxham ist eine durch und durch - Handke wuerde sagen: erfrischende Figur. Als ein zeitgenoessischer Gesellschaftsroman - durchflutet vom staendig mitklingenden Epos des unbestimmten Straaeen- und Fahrvolks - wurde die Apothekergeschichte bereits im 1994 erschienenen Roman Mein Jahr in der Niemandsbucht annonciert. Der Apotheker von Erdberg sollte das Werk im Werk damals noch heiaeen und war ein aufgegebenes Romanprojekt des Niemandsbuchtbewohners, das schlieaelich von Georges Simenon weitergetippt wurde - wiewohl der wirkliche Apotheker von Erdberg dem Autor in die Niemandsbucht noch Jahr fuer Jahr aus der Ferne Material schickt und andeutet, er haette unter vier Augen viel fuer das Buch zu erzaehlen. Eine wahre Geschichte also, erzaehlt von einem wirklichen Apotheker, so will es die Fiktion. Eine Geschichte, die an einem wirklichen Ort spielt, einem Handkeschen Unort, einem Vorort-Ort in der Zwischen-, vom Dichter auch Zwickelwelt genannten Zone, an der Grenze oder Schwelle zwischen Natur und Zivilisation. Taxham, dessen Kirchenglocken schon im Chinesen des Schmerzes gelaeutet wurden, ist so ein halbzivilisierter Niemandsort, wie sie der Dichter bevorzugt. Ein Randstreifengebiet, das, so wird im Roman Die Wiederholung erzaehlt, im Dorf seiner Jugend hinter den Gaerten hieae und eine Gegend bezeichnete, die zwar bewohnt war, aber nicht mehr so recht zum Dorf gezaehlt wurde, weil dort die Alleinstehenden hausten. Anmutig, schmucklos, gemaechlich beginnt diese Erzaehlung, trottelt ueber einige Dutzend Seiten in einem makellosen Imperfekt zwischen dem Haus am Fluae, der Apotheke und dem Flughafen seelenruhig hin und her, ohne daae abzusehen waere, wohinaus solch dichtende Schneckenpost heute fuehrte. Mal faehrt der Apotheker mit dem Radl, mal philosophiert er ueber die Macht des Erdreichs (nicht vom Weltall geht es aus, sondern von da unten). Mal huepft unversehens eine Amsel ueber den vergilbten Rasen, mal laermt ein Rabe durch die Stille des selbst von den Festspielen vergessenen Ortes und ueberbringt dem Herrn der Kraeuter und Tinkturen seine naturmagische und wortlose Botschaft. Es ist Frieden, eine unbestimmte Zwischenkriegszeit zwischen den ueblichen Schrecken, eine Zeit, fuer die keine Zeitungen, keine Fernsehnachrichten zustaendig sind: die Zeit, da diese Geschichte spielt. Es ist die reine Zeit der Erzaehlung, die es wie im Maerchen jenseits des Buches nicht gibt, aus der man nichts fuers Leben lernen, nichts ableiten und nichts mitnehmen kann - eine Zeit, die nur gilt, solange der Zauber des Erzaehlens anhaelt. Das macht den Unterschied zwischen den beiden Veraechtern der modernen Zeiten, den beiden Verfechtern einer neuen, alten Ordnung, zwischen Botho Strauae und Peter Handke: Waehrend der eine die verachteten Massenmenschenkinder verbittert von seinem Sofa aus an die Kandare eines elitaeren Gesetzes nimmt, dessen Geltung weit ueber das Hoheitsgebiet der Literatur hinausfuehrt, genuegt es dem anderen (wenn er nicht gerade als Kriegsberichterstatter im jugoslawischen Buergerkrieg dilettiert), seine nachsichtig umworbenen Leser fuer die Dauer eines Buches aus dem blechernen Zeitalter zu entlassen. Menschen- und Weltenlenker der eine, Buchmagier und Erzaehldruide der andere. Der Schein truegt, was sonst sollte er tun. Der Frieden des Beginns, der dem interesselosen Dahinerzaehlen, von dem der Dichter so viel haelt, schon ganz nahe war, wird jaeh zerstoert. Ein Stein faellt in das bukolische Bild und dem Pharmazeuten auf den Kopf. Der erwacht fuer ein langes Zwischenspiel des Schreckens, verliert seine Sprache und macht sich auf den Weg. Von einem Abenteuer wie in den Ritterromanen ist die Rede. Die Spieaegesellen, ein heruntergekommener Skiweltmeister und ein abgewrackter Dichter, findet der Ritter der Ploetzlichkeit in seinem angestammten Erdkellerlokal, das Reisegefaehrt (sonst ging es bei Handke nur zu Fuae auf Seelenwanderschaft) steht vor seiner Haustuer, ein groaeer Wagen - immer das neueste Modell. Und auf geht's, hinein in die Autotunnel Europas, ab ins Herz der Finsternis, wo kein Mensch mehr haust und keine Blume mehr blueht. Hinunter zum Nullpunkt der Literatur, dahin, wo sie angeblich am reinsten und am stillsten ist - im leeren Buch, auf der weiaeen Seite. Von derartig ehrgeizigen Reisezielen ist allerdings waehrend der kleinen Autofahrt der drei Desperados nicht die Rede. Im Gegenteil: In der europaeischen Allerweltswelt, in der alles gleich aussieht und jeder Tunnel an seinen Ausgangspunkt zurueckfuehrt, ist das Fortkommen der Reisegruppe, ist der Fortgang der Erzaehlung zunaechst in Gefahr. Um hier Abhilfe zu schaffen, greift der Dichter beherzt in die Requisitenkiste des Kunstmaerchens - ein Brief, von unsichtbarer Hand in die Tasche des Apothekers befoerdert, schickt die Reisenden nach Santa Fe, in die Nachtwindstadt, wo die Abenteurer, gefuehrt von dem Mond, einem fremdartigen Sternbild oder schlicht von dem Nachtwind, auch gleich die gesuchte Straaee, das richtige Haus finden. Das alles traegt sich zu auf unauffaellige Weise, weit unterhalb der Peinlichkeitsgrenze, der beruechtigten Handkeschen Wortveredelungs-Technik, der neoromantischen Reflexionspoesie, der Folklore des Urspruenglichen, wie wir sie inzwischen kennen- und fuerchten gelernt haben. Der neue Roman ist ein Maerchen mit allen Vorzuegen der poetischen Kleinbauernprosa des Dichters - dem bedaechtigen Gesang, der sparsamen, beinahe bilderlosen Sprache, der Gelassenheit und kunstvollen Absichtslosigkeit der Beschreibung, dem Willen zum Wunder -, ohne deren Kehrseite, die metaphysische Trachtendiele. Was koennen drei Salzburger Rittersleut', die ausziehen, das Abenteuer zu suchen, in einem modernen Maerchen wohl finden? Der ausgediente Dichter findet in Santa Fe eine Tochter, die als Straaeenkoenigin das jaehrliche Stadtfest anfuehrt. Der Apotheker entdeckt in einem der Festmusikanten seinen verstoaeenen Sohn (eine Studie ueber die verstoaeenen Kinder und verschollenen Vaeter im Werk des Peter Handke koennte einige Doktoranden beschaeftigen) stellt aber fortan quer durch das angrenzende OEdland einer mordlustigen Witwe nach, die ihn auf einer Zwischenstation nach Art der Penthesilea schlagend und zaehnefletschend in Liebe umfing. Zu Fuae, im bleichblauen Arbeitsgewand, zieht der Apotheker durch die Savanne, Nachfahr der vielen Handkeschen Karst-, Hochland- und Niemandsbuchtlaeufer, die ihr Heil nicht im Dickicht der Staedte, sondern in der Dunkelkammer einer von der Kultur vergessenen Weltgegend suchen. Hier trifft er diverse bekannte Figuren aus dem Werkzeugkasten Peter Handkes. Der Hausierer pfeift munter aus der Ferne herueber. Andreas Loser, der Moerder, Steinewerfer und Lehrer alter Sprachen aus dem Chinesen des Schmerzes, laedt den Apotheker zu einem stummen T  te in der Sabana de la Sonora, einer fernen Verwandten des gelobten neunten oder auch sonoren Landes, wie eines der kuenstlichen Paradiese des Dichters einmal hieae. Stumm, einsam, weltverloren ist der Taxhamer Kreuzfahrer in der Steppe am Ziel der Handkeschen Erzaehlkunst: im Zentrum des Nichts und im Kreisverkehr des eigenen Werks, das kunstvoll und eifrig auf sich selber, sonst aber auf nichts mehr verweist. Erzaehlen und Steppe wurden eins, orgelt der Apotheker auf dem Hoehepunkt seiner Irrfahrt, Innen und Auaeen durchdrangen einander, wurden, eins am anderen, ganz. Mehr kann der Traeumer absoluter Poesie nicht erreichen. Die wundersame Reise ans Ende der Nacht fuehrt dahin, wo aller Tage Abend ist. Und wirklich haette hier ein groaeer Pilz den Pilzfreund ums Haar zu sich ins Erdreich hinabgezogen, waere nicht in letzter Sekunde die Witwe erschienen, den schon in Todesschweiae gebadeten Apotheker und irgendwie auch den Dichter Peter Handke ins Leben zurueckzufuehren: Du bist an die Grenzen der Welt geraten, Freund. Und du bist in Gefahr, jenseits der Grenzen der Welt zu geraten. Deswegen wirst du einen Anlauf zum Neu-Sprechen unternehmen, zum Worte-Neufinden, zum Satzneubilden, laut, zumindest tonhaft. Und wenn dein Reden auch stockfalsch und bloedsinnig ist: Hauptsache, du tust wieder den Mund auf. Ein weiteres Mal zieht das Weibliche den Mann also hinauf. Die Erdfahrt der Erzaehlung ins sechsunddreiaeigste unterirdische Stockwerk, wo nach Francis Ponge der Dichter sein kosmisches Wortwerk verrichten soll, findet auch in diesem Buch wieder nicht statt. Die beste Erloesung ist die, die nicht eintrifft. So faehrt der Apotheker zurueck zu seinen Pillen, Salben und Saeften und erzaehlt nach vollbrachter Aventuere seinem Bruder Grimm, dem Aufschreiber, das Maerchen von einem, der auszog, eine Geschichte zu finden - und eine Geschichte heimbringt, in der einer erzaehlt, wie er einem erzaehlt, daae er auszog, eine Geschichte zu finden. Es war einmal ein Mann . . . Es war einmal ein Dichter. Dem waren vom vielen Dichten die Worte ganz leicht und der Kopf ganz schwer geworden. Da verlieae er sein stilles Haus und zog in den Krieg, zu den wirklichen Dingen und den blutigen Tatsachen. Im Krieg hat er seinen Kopf verloren, und die Worte sind ihm matt und krank geworden. Der Apotheker aus Taxham hat den Dichter geheilt. Er hat ihm kein neues Koenigreich und auch keinen neuen Buergerkrieg versprochen. Aber er hat ihn besaenftigt mit dem Wunderkraut des Maerchens, den Salben der Poesie und den Traenklein der Einfalt. Und so wurde aus dem kriegswuetigen Dichter am Ende ein Koenig. Keiner mit Zepter, Reich und Krone, aber doch einer, dem das Erzaehlen geholfen hat. Peter Handke: In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus Roman Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1997 316 S., 48,- DM Autor(en): Radisch, Iris Bildunterschrift: Peter Handke.Ein Koenig, dem das Erzaehlen geholfen hat AV Aufnahme: Aufnahme: Oliver Herrmann Datenbank ZEIT Dokumentnummer: 9496 <br>
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By Joseph Hanimann<br>
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This time the clever mind is not behind the paper, but above it. Once Le Monde, the newspaper he is reading here, was one of those author Peter Handke hated most because of its reporting on Serbia. But anyone who so carefully studies the hot-off-the-press pages of the evening paper on a cloudy Paris afternoon in late fall will also be able to correctly interpret the news on page 5. It states that the new Yugoslavian President Vojislav Kostunica has for the first time admitted Serbian guilt for the crimes in Kosovo. But guilt does not mean sole guilt -- and that is what was important to Handke as he traveled on the Drina River in 1995 and 1996. He has long resumed his apocalyptic-mood strolls between Boulevard Saint-Germain and Boulevard Raspail, where the life-and-death question is -- kidneys or rabbit with mustard sauce? A serious dilemma. L=Homme profond -- the profound man -- also appears at the bottom of the back page, in an advertisement for a book. The book is not by Handke, but it could be about him. =Hey you, on the street corner, we already know the story about the loneliness of modern man.= But the strolling author has not yet completely disappeared. <br>
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Dec. 7, 2000<br>
6. Dezember 2002<br>
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Versuch ueber den geglueckten Tag<br>
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Ein Spaziergang mit Peter Handke.  <br>
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In seinem =Versuch ueber den geglueckten Tag= schickt Peter Handke sich selbst auf die Suche nach dem durch und durch bewusst gelebten Tag.<br>
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Antigone holt diesen Handke/OEdipus in seiner Dichterwohnung im Literaturhaus ab und fuehrt ihn gemeinsam mit den Zuschauern ueber befahrene Strassen und dunkle stille Wege zum Hilmteich. Bekannte Orte werden nue und wie zum ersten Mal erlebt, das gewohnte Stadtbild verwandelt sich in die Kulisse einer Reise in eine Welt der subjektiven Empfindung. Das Plaetschern eines Baches wird zur Stimme Iokastes, der Einbruch der Nacht zum Aufbruch in einen nueen Tag. Blind tasten wir uns die Schritte entlang, naehern uns dem Dasein, als ob ein Traum uns schwebend durch die Welt geleitete, um jaeh wieder zurueckgeworfen zu werden auf unsere im Alltagstrott gefangene Existenz: Die Wahrnehmung dieser sommerlichen Winterlandschaft bloss eine Idee, eine Phantasmagorie? (Ernst M. Binder) <br>
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Mit Ulrich Hoppe u.a.<br>
Inszenierung / Realisation: Ernst M. Binder, Monique Schwitter.<br>
Ein Projekt des forum stadtpark theaters Graz in Zusammenarbeit mit dem Literaturhaus Graz.  <br>
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Auf Erweckungsfahrt<br>
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19. Januar 2002 Peter Handke ist zum Albtraum der Reiseveranstalter geworden. Denn in seinen Romanen geraet jede Reise zur Pilgerfahrt, jede Pilgerfahrt zum Abentueertrip und jeder Abentueertrip zum Bildungsurlaub. Alle Handkeschen Entdeckungs- und Erweckungsreisen fuehren ans Ende unserer Welt und in das Herz einer anderen, einer besseren Welt, der Anders- oder Handke-Welt, in der man nicht reist, sondern ziellos-zielgerichtet unterwegs ist, dem Flug eines Birkenblatts und der inneren Stimme folgend. In dieser Welt kann man sich nicht verlaufen, gilt doch jeder Irrweg in ihr als Abkuerzung. Je weniger einer sich hier zurechtfindet, desto naeher seinem Ziel darf er sich waehnen. Wie jeder Vergnuegungspark ist auch die Handke-Welt auf einer ueberschaubaren Grundflaeche errichtet, aber derart raffiniert, dass der Eindruck einer unueberschaubaren, gigantischen Ausdehnung entsteht. Das geht nicht ohne gehoerigen Aufwand ab. Und so umfasst der nueeste Anbau 759 Seiten, von denen knapp fuenfhundert auf der Stelle treten. Sein Titel: =Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos=.<br>
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Fast achthundert Seiten, die nicht durcheilt, sondern durchwandelt sein wollen, und in denen eine ganz eigene Zeitrechnung Gueltigkeit beansprucht. Stunden, Tage und Sekunden sind in diesem Buch meistens =stoerende, unnoetig entzaubernde Einheiten=, stoerend in einer Welt, die nach Verzauberung verlangt, weil sie an ihrer Entzauberung leidet. Es ist erkennbar unsere Gegenwart, die Handke hier zeichnet und deren gegenwaertige Entwicklungen er zuspitzt und in die Zukunft verlaengert: Die Globalisierung hat zum Ende der Nationalstaaten gefuehrt, eine Art Weltregierung ist etabliert und an die Stelle des Nationalismus das Bekenntnis zur Region getreten. Dieser profanen Gesellschaft droht, von den meisten ihrer Mitglieder unbemerkt, die Katastrophe des =Bildverlusts=. Darunter versteht Handke das Ausbleiben von =Bilderfunken und Funkenbildern=, die unwillkuerlich ins Bewusstsein treten, eher Eingebungen als Erinnerungen: =Wohl gehoerte das jeweilige Bildobjekt zu eines jeden persoenlichen Welt. Aber das Bild, als Bild, war universell. Es ging ueber ihn, sie, es hinaus. Kraft des offenen und oeffnenden Bildes gehoerten die Luete zusammen. Und die Bilder waren zwanglos, anders als jede Religion oder irdische Heilslehre.=<br>
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Diese Bilder, die sich weder stueern noch gar festhalten lassen, sind die Grundlage des =Bilderglaubens= und der auf reiner Anschauung gegruendeten Gemeinschaft der Bildmaechtigen, wie man jene nennen koennte, denen die Gnade des Bildersehens zuteil wurde. Und wie jeder Glaube hat auch dieser eine Prophetin. Es ist eine alleinlebende Finanzexpertin, die =Bankenfrau=, eine international bekannte =Finanzweltmeisterin=, Mutter einer verschollenen Tochter, Geliebte eines abwesenden Liebhabers, Abentuererin und Weltreisende, schliesslich Auftraggeberin des Buches, das ein =Autor=, der Erzaehler, nach ihren Wuenschen schreibt. Sie ist Handkes schoene Erwaehlte, eine sendungsbewusste weisse Magierin, wie die Kraefte des Guten stark und schwach zugleich. Die Bilder =erhoehen= ihren Tag und =bekraeftigen= die Gegenwart, sie machen die bildglauebige Finanzfrau unangreifbar und wehrhaft, eine Herrscherin unter den Menschen, im Bunde mit den Tieren: =Vor allem die schueesten Tiere erkannten (ja, ,erkannten+), wenn jemand ,im Bild+, ganz im Bild, ganz bei sich im Bild war. Vor so einem verloren sie nicht bloss ihre Schue. Sie bezogen ihn, wenn auch nur fuer den Augenblick, doch was fuer einen!, ein in ihr Dasein. Nicht nur, dass sie keine Angst mehr vor ihm hatten: sie wollten ihm, ein jedes auf seine Weise, gut.=<br>
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In diesen Saetzen hat man den Handke-Ton: das Nebeneinander von gesucht-pathetischen Ausdruecken und Floskeln, von muendlichem Tonfall und Kanzleistil, von mit traumwandlerischer Sicherheit glueckenden Formulierungen und tastenden, suchenden, ans Stammeln grenzende Saetzen. Neben die hauefigen Wiederholungs- und Bekraeftigungsformeln treten im Verlauf des Romans zunehmend Signale der Mehrduetigkeit, des Unbestimmten. Immer wieder wird der Satzfluss unterbrochen von Bekraeftigungen, Praezisierungen, Nachfragen. So entsteht ein Erzaehlgestus der allernervoesesten Bedaechtigkeit, exakt und vage, selbstgewiss und tastend, kunstvoll, respektheischend und unendlich nervtoetend.<br>
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Er taucht das Buch in ein Zwielicht, das nur ab und an von Saetzen aufgerissen wird, in denen Naturphaenomene beschrieben werden, wie nur Handke sie beschreiben kann: =Aus dem dichtverflochtenen, frostverkruemmten und verzahnten Efuelaub ueber der Mauer am Ende des Gartens schnellten und spritzten im Bogen die kleinen, braunschwarzen, blaubehauchten Fruchtkugeln, jetzt zum Winteranfang reif geworden, und sie hoerte im Innern der Hecke ein Picken, Schnaebeln und Schmatzen.=<br>
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Doch Saetze wie dieser, mit dem eines der =Bilder= der Heldin beschrieben wird, bleiben die Ausnahme. Weit hauefiger sind Zuckerwatte-Sentenzen und klebrig-kitschige Passagen wie die vom aus dem Winterschlaf aufgewachten Igeljungen, das durch den Garten trippelt, die Heldin mit seinem =gummiharten, ziemlich kalten schwaerzlichen Ruessel= anstupst und spricht: =Geh nicht fort. Der Garten ist so oede ohne dich. Ich moechte im Schlaf deine Schritte hoeren.= Dass das Jungtier, eine =Waise, allein=, seinen Winterschlaf nur fuer diese Mitteilung unterbricht, versteht sich von selbst, wird aber dennoch hingeschrieben.<br>
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Wer fuer Pretiosen und Naschwaren dieser Art nicht empfaenglich ist, muss leiden. Es bleibt ihm wenig erspart, denn Handke, dieser reizbarste unter den Friedfertigen, zielt in seinem nueen Buch wiederum auf Grosses. Die Ausdehnung des erfuellten, des glueckhaften Augenblicks, das ist Handkes Projekt seit langem. Nun postuliert er mehr: =das groessere Jetzt= moege herrschen und =bestimmend sein=. Hinter der kryptischen Bezeichnung verbirgt sich die Gegenwart, =nur eben mit dem Zusatz anderer Zeiten; die Gegenwart, wie sie immer gewesen war=. Der Heldin erscheint jenes ueberzeitliche =ganz-Jetzt= als Park und Garten und schliesslich als Gehege: =das Gehege der groesseren Zeit=.<br>
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In diesem Luna-Park koennten Mensch und Tier in kreatuerlicher Unschuld leben, und alle waeren allen so gut wie der Igel der Bankenfrau - die Gegenwart als Goldenes Zeitalter. Aber Handkes rueckwaertsgewandte Utopie handelt vom Verlust, und die Reise, die dieser Roman erzaehlt, wird unternommen nicht etwa, um den Verlust abzuwenden, sondern um ihn spuerbar werden zu lassen.<br>
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In der =Hochgrube= Hondareda, der Senke eines weitgehend ausgetrockneten Gebirgssees in der spanischen Sierra de Gredos westlich von Madrid, ist diese Reise an ihr vorlauefiges Ziel gelangt. Hier leben die =Umwandler=, die letzten Menschen, die sich dem Bildverlust entgegenstemmen. Eine Fluchtburg im Gebirge, die dem Untergang geweiht ist, denn die profane Gegenwart laesst sich nicht ausgrenzen. Der Aufenthalt in Hondareda ist die letzte einer Reihe von Stationen einer Aventiure, die in einer duetschen =Hafenstadt= ihren Anfang nimmt. Hier wohnt die Bankfrau und Pilgerin, hier beauftragt sie den =Autor=, ihre Geschichte niederzuschreiben und zu erzaehlen. Wie andere in die Geschichte eingehen, so will sie =eingehen in die ,Erzaehlung+=. So wird ein =Lieferantenvertrag= geschlossen, ein Dienstleistungsverhaeltnis begruendet. Die Auftraggeberin berichtet und erteilt Anweisungen, der Autor stellt Fragen, hakt nach. Jedes Detail ist Verhandlungssache: =,Der Autor: ,Soll und darf das in das Buch?+ - Sie: ,Ja.+=<br>
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Dieser Erzaehlrahmen erinnert ebenso wie der Ort der Handlung, die karge Steppenlandschaft der spanischen Sierra, und manches andere Detail an Handkes letzten, 1997 erschienenen Roman =In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus.= Wieder gibt es zwei Erzaehlinstanzen: Damals den Apotheker von Taxham und seinen =Aufschreiber=, huete die =Bankenfrau= und =Finanzweltmeisterin= und ihren Autor, den =Lieferanten=. Handke bedient sich dieser Zweiteilung, weil sie ihm erlaubt, das Nebeneinander von Muendlichkeit und Schriftlichkeit zu simulieren.<br>
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Im tonlosen Selbstgespraech des Erzaehlers vermutete der Apotheker den Urgrund der Literatur, dem =Autor= im nueen Buch gilt die Muendlichkeit als =der Grund- oder eher Untergrundzug=, zudem als =Gegenprobe=. Ging es vor vier Jahren um die Muendlichkeit als Quelle des Erzaehlens, so geht der nuee Roman gleichsam einen Schritt zurueck: in vorschriftliche, ja beinahe vorsprachliche Gefilde. Der Bildverlust, von dem der Titel spricht, kuendet von der fuer Handke groesstmoeglichen Bedrohung: =Der Verlust der Bilder ist der schmerzlichste der Verluste.= - =Es beduetet den Weltverlust.= Seine Ursache liegt im =Raubbau an den Bildergruenden und -schichten=, den das bilderwuetige zwanzigste Jahrhundert getrieben haben soll. Der =Naturschatz=, so sind sich Autor und Abentuererin am Ende einig, sei aufgebraucht, man zapple als Anhaengsel an den =gemachten, serienmaessig fabrizierten, kuenstlichen Bildern, welche die mit dem Bildverlust verlorenen Wirklichkeiten ersetzen, sie vortaueschen=.<br>
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So banal, auf dem Niveau der alltaeglichen Medienkritik, endet der nuee Roman von Peter Handke. Aber noch ist das Buch nicht ganz zu Ende. Noch steht die naechtliche Vereinigung zweier Liebender bevor (=man war fuereinander bereit. Zucken der Lippen.=), noch fehlt die Umarmung von Autor und Prophetin und das Heilsversprechen. Die Bilder sind verloren, aber man kann noch nach ihnen suchen: =Ein Suchen gab es, wobei das Gesuchte schon gefunden schien, weit wirklicher und wirksamer, als waere es wirklich gefunden worden. Und so ein Suchen war das Suchen fuer jemand anderen und fuer andere.= Ein Suchender erloest also den anderen? Ja, das ist die Kettenreaktion des Kitsches.<br>
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Peter Handke: =Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos=. Roman. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2002. 759 S., geb., 29,90  Uero .<br>
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Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 19.01.2002, Nr. 16 / Seite 52<br>
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